Der komplizierteste Part bei einer Risikobeurteilung ist wahrscheinlich die Identifizierung der Gefährdungen. Ziel dieses Prozessschritts ist es, sämtliche relevanten Gefahren zu erkennen und dies mit vertretbarem Aufwand zu bewerkstelligen.
Man muss dabei alle Risiken identifizieren, die bei der betrachteten Maschine auftreten können. Dies gilt für alle Funktionen bzw. Betriebsarten der Maschine sowie während aller Lebensphasen, welche die Maschine durchläuft. Zu den Lebensphasen einer Maschine zählen z.B. Montage/Installation, Transport, Inbetriebnahme, Bedienung, Wartung und Entsorgung.
Um Risiken zu erkennen, bieten sich als Hilfe Checklisten zu Gefährdungen, Gefährdungssituationen und –ereignissen an. Derartige Checklisten findet man oft in passenden Normen wie zum Beispiel in der DIN EN ISO 12100 Anhang B.
Ansonsten sollte man nach Sicherheitsnormen vergleichbarer Maschinen- bzw. Anlagentypen recherchieren, in denen man ebenso häufig Checklisten für Gefährdungen findet. Diese Sicherheitsnormen beziehen sich dabei in der Regel auf die Grundnorm DIN 12100 und haben die Punkte aus der Gesamtliste selektiert, welche auf die spezielle Anlage zutreffen und abzusichern sind.
Nicht zu unterschätzen ist das Wissen aus der Erfahrung oder auch der Dokumentation von ähnlichen Anlagen und Maschinen, die bereits erfolgreich betrieben werden. Eine weitere Methode zur Gefährdungsidentifizierung ist die Analyse von Material-, Stoff-, Energie-, Kraft- und Informationsflüssen.
Methoden zu Identifikation von Risiken und Gefährdungen:
Man differenziert bei den analytischen Verfahren zur Identifikation von Gefährdungen zwischen deduktiven (Top-down-/Rückwärtsanalyse) und induktiven (Bottom-up-/Vorwärtsanalyse) Verfahren. Die methodische Grundlage von beiden Verfahren bildet die Verknüpfung von Ursache und Wirkung durch logische Operatoren.
Ein deduktives Verfahren stellt die Fehlerbaumanalyse dar, welche in DIN 25424-1 und DIN 25424-2 beschrieben wird. Bei der Fehlerbaumanalyse handelt es sich um eine Top-down-Analyse, da ein unerwünschtes Ereignis hier die Ausgangssituation bildet und man von dort aus nach den Ursachen für das Ereignis sucht.
Aus der Fehlerbaummethode sind zur Analyse von Unfällen und Gefährdungen im Arbeitsschutz die sogenannten Gefährdungsbäume entwickelt worden. Diese Gefährdungsbäume basieren auf einem Gefährdungsgrundmodell, das auch nichtsicherheitsgerechtes Verhalten in die Betrachtung miteinbezieht.
Ein induktives Verfahren stellt die Ereignisablaufanalyse dar, welche in der DIN 25419 definiert ist. Hier werden auf Basis einer Ursache die Folgen dieser Ursache analysiert und bewertet, ob es sich hierbei um eine Gefährdung handeln kann.
Die Ereignisablaufanalyse wird jedoch aufgrund des hohen Aufwandes eher für komplexe Anlagen der Chemie- und Verfahrenstechnik eingesetzt. So findet in der chemischen Industrie zum Beispiel die LOPA-Methode Anwendung. Die LOPA-Methode (= Layer of Protection Analysis, CCPS 2001) stellt eine Ausprägung der Ereignisablaufanalyse dar, welche unabhängige Schutzebenen benutzt.
Ist die Identifikation von Risiken und Gefährdungen für eine Anlage abgeschlossen, steht am Ende als Ergebnis dieses Prozessschrittes eine Matrix. Diese Matrix kombiniert die Risiken/Gefährdungen und die Lebensphasen der Maschine/Anlage mit den Gefahrenstellen.
Nach der Gefährdungsidentifikation folgt die Risikoeinschätzung, bei der das Schadensausmaß und die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos betrachtet werden.
Auf dieser Website erfahren Sie alles über Maschinensicherheit und sichere Konstruktion von Maschinen und Anlagen. Zu den wichtigsten Themen zählen dabei die Risikoanalyse, Gefährdungsbeurteilung und Bewertungsmethoden wie Performance Level PL und Sicherheits-Integritätslevel SIL.
Eine Risikobeurteilung erstellen
Die Grenzen der Maschine bestimmen
Berechnung des Performance Level
Von Performance Level auf SIL umrechnen
Zertifizierung im Rahmen der CE-Kennzeichnung: Konformitätsbewertung und Risikobeurteilung...
Praxisleitfaden Produktsicher-heitsrecht: CE-Kennzeichnung - Risikobeurteilung...
Leitfaden für die Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG
10 Schritte zum Performance Level: Handbuch zur Umsetzung der funktionalen Sicherheit nach ISO 13849